21. April 2025
Episode 1:
Lieber sozial als schlau?
Was Kooperation wirklich ausmacht.

Inhaltsangabe
Wölfe sind Meister der Zusammenarbeit, aber was macht sie zu so guten Teamplayern? Ist es ihre Intelligenz oder doch eher die Stärke ihrer sozialen Bindungen? In dieser Folge von „art gehört“ tauchen Massimo und Petra tief in die Welt der Wolfsforschung ein. Basierend auf einer Studie des Wolf Science Centers untersuchen sie, ob bei Wölfen eher das „Köpfchen“ (kognitive Fähigkeiten wie Selbstkontrolle oder Lernvermögen) oder der „Kumpel“-Faktor (soziale Beziehungen wie Freundschaft, Rangordnung und Toleranz) für erfolgreiche Kooperation entscheidend ist. Erfahrt mehr über spannende Experimente wie das gemeinsame Seilziehen, das Futter-Teilen per Touchscreen und den Fairness-Test am Buzzer – und die überraschend eindeutige Antwort darauf, was im Wolfsrudel wirklich zählt, wenn es um Zusammenarbeit geht.
Quellen & Verweise
Dieser Podcast beruht auf der Publikation What matters for cooperation? The importance of social relationship over cognition der Autorinnen Rachel Dale, Sarah Marshall‑Pescini & Friederike Range aus dem Jahr 2020.
Mehr über die Forschung am Wolf Science Center
Transkript
Massimo: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von “art gehört”! Dem Podcast von “LebensArt mit Hunden”, einem Projekt von “LebensArt Mensch Tier Natur”. Ich bin Massimo.
Petra: Und ich bin Petra! Schön, dass ihr wieder dabei seid. Heute tauchen wir wieder tief in die faszinierende Welt der Wölfe ein und gehen der Frage nach: “Lieber sozial als schlau? Was Kooperation wirklich ausmacht.”
Massimo: Ganz genau, Petra. Wölfe sind ja bekannt für ihr komplexes Sozialleben und ihre Fähigkeit zur Zusammenarbeit, zum Beispiel bei der Jagd oder der Aufzucht der Welpen. Aber Ist es ihre Intelligenz, also ihr Köpfchen? Oder sind es eher ihre sozialen Beziehungen, also wie gut sie sich untereinander verstehen – sind sie eher Kumpel?
Petra: Das ist eine super spannende Frage, Massimo! Kooperation ist ja für viele Tierarten überlebenswichtig. Man könnte annehmen, dass dafür hohe kognitive Fähigkeiten nötig sind – also sowas wie Planungsvermögen, Verständnis für Ursache und Wirkung oder Selbstkontrolle. Aber vielleicht ist das gar nicht der entscheidende Punkt. Manche Forscher vermuten, dass die Man spricht hier auch von “emotional book-keeping” – einer Art emotionalen Buchführung über Interaktionen mit Artgenossen.
Massimo: Emotionale Buchführung – das klingt interessant! Und genau das wollten Forscherinnen wie Rachel Dale und Sarah Marshall-Pescini vom Wolf Science Center in Österreich herausfinden. Sie haben in einer Studie, die im Journal Scientific Reports veröffentlicht wurde, untersucht, was bei Wölfen wichtiger für die Zusammenarbeit ist: soziale Faktoren oder kognitive Fähigkeiten.
Petra: Genau. Das Wolf Science Center, kurz WSC Die Forscher haben
Massimo: Okay, erzähl mal, was mussten die Wölfe machen? Bestimmt keine Steuererklärung, oder?
Petra: Haha, nein, zum Glück nicht! Es gab drei Hauptaufgaben: Stell dir vor, zwei Wölfe stehen vor einem Zaun. Auf der anderen Seite ist ein Brett mit Futter. Um das Futter heranzuziehen, müssen Zieht nur einer, rutscht das Seil raus und keiner bekommt was. Wie bei einer Zugsäge, die man auch nur zu zweit bedienen kann. Hier ging es darum, ob ein Wolf bereit ist, etwas für einen Partner zu tun, ohne selbst direkt etwas davon zu haben. Ein Wolf konnte über einen Touchscreen ein Symbol auswählen, das Futter nur für den Partner im Nachbargehege freigibt. Quasi Futter spendieren für den Kumpel. Kann man sich wie einen Fairness-Test vorstellen. Zwei Wölfe mussten abwechselnd einen Buzzer drücken, um Futter zu bekommen. In einer Testphase bekam aber nur der Partner eine Belohnung, der drückende Wolf ging leer aus. Die Frage war: Wie lange macht der Wolf das mit, bevor er aufhört, weil es unfair ist?
Massimo: Okay, das klingt nach anspruchsvollen Tests! Und welche Faktoren haben die Forscher dann untersucht? Du sprachst ja von sozialen und nicht-sozialen…
Petra: Genau. Bei den Wie eng war ihre Also, wie viel Zeit verbrachten sie mit freundschaftlichem Verhalten wie Spielen oder Kuscheln? Waren sie quasi beste Freunde? Wie groß war der War einer der Boss und der andere eher unterwürfig, oder waren sie auf Augenhöhe? Und wie hoch war ihre Konnten sie friedlich nebeneinander aus einem Napf fressen, oder gab es Zoff? Bei den Und
Massimo: Wow, das ist ja eine ganze Menge, was da gemessen wurde! Und? Was kam raus? Köpfchen oder Kumpel – was ist wichtiger für die Wölfe?
Petra: Die Ergebnisse sind wirklich Die Die nicht-sozialen, kognitiven Faktoren spielten eine viel geringere Rolle, und manche hatten sogar gar keinen Effekt oder einen unerwarteten.
Massimo: Echt jetzt? Erzähl mal genauer!
Petra: Also: Bei der Interessanterweise waren Wölfe, die bei der unlösbaren Aufgabe Bei der sogenannten Je enger die Bindung, desto eher gab ein Wolf seinem Partner Futter. Rang oder Futtertoleranz spielten keine Rolle. Und beim Da reagierten Wölfe Dominante Tiere erwarten vielleicht einfach, fair behandelt zu werden. Auch Wölfe mit besserem Aufgabenverständnis und höherer “Motivation” – also schnellere Entscheider – bemerkten die Ungerechtigkeit offenbar eher.
Massimo: Das ist ja faszinierend. Also sind Freundschaft, Status und eine gewisse Erwartungshaltung an Fairness wichtiger als reine Intelligenz oder Problemlösefähigkeiten? Und Freundschaft und Futtertoleranz sind auch nicht dasselbe, sagtest du?
Petra: Ganz genau. Die Studie zeigt schön, dass Affiliation – also die enge soziale Bindung, die “Freundschaft” – und Toleranz am Futterplatz zwei verschiedene Paar Schuhe sind, obwohl sie oft zusammenhängen. Freundschaft fördert aktives Helfen und Koordinieren, während Toleranz eher mit der Reaktion auf Ressourcenverteilung zu tun hat. Insgesamt stützen die Ergebnisse stark die Idee der “emotionalen Buchführung”: Positive oder negative Erfahrungen mit einem Partner prägen die Beziehung und beeinflussen zukünftige kooperative Entscheidungen. Es sind also eher die
Massimo: Wirklich spannend! Das zeigt mal wieder, wie wichtig soziale Dynamiken im Tierreich sind. Und es wirft natürlich auch die Frage auf, wie das bei unseren Hunden aussieht, die ja vom Wolf abstammen, aber durch die Domestikation einen ganz anderen Weg gegangen sind. Aber das ist vielleicht Stoff für eine andere Folge.
Petra: Definitiv! Für heute bleibt festzuhalten: Bei Wölfen scheint für erfolgreiche Kooperation das Herz – oder besser gesagt, die soziale Beziehung – wichtiger zu sein als der Kopf. Das war’s für diese Folge von “art gehört”. Wir hoffen, ihr fandet es genauso spannend wie wir!
Massimo: Die hier besprochene Publikation findet ihr in der verlinkt in der Videobeschreibung sowie auf der Homepage des Wolf Science Center in der Rubrik “Publikationen”. Schaltet auch nächstes Mal wieder ein! Bis dahin, macht’s gut und bleibt neugierig! Und besucht uns gerne auf der Webseite von LebensArt Mensch Tier Natur für mehr Infos zu unserem Projekt LebensArt mit Hunden.